Richard Rorty

Richard Rorty

* 04.10.1931
† 08.06.2007 in New York
Erstellt von Merkur und TZ

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Kondolenz

Von Stefan Jung, Essen

15.06.2007 um 17:32 Uhr
Die alteuropäische Philosophie hat mit dem Blick auf die Einheit der Dinge, auf Substanzen, Subjekte, Essenzen oder Entitäten stets beansprucht, einen privilegierten Zugang zur Wahrheit zu haben. Es ist wohl auch ein Verdienst Richard Rortys, darauf hingewiesen zu haben, dass es außerhalb der Sprache keine erkennbare Welt geben kann. Rorty schrieb: "Da Wahrheit eine Eigenschaft von Sätzen ist, da die Existenz von Sätzen abhängig von Vokabularen ist, und da Vokabulare von Menschen gemacht werden, gilt dasselbe für Wahrheiten." Ironie - in den traditionellen Konzeptionen stets ein Mittel, um der Wahrheit näher zu kommen - ist bei Rorty ein Zweifel und eine Distanz gegenüber dem (Letzt-)Vokabular der Theorie. Freiheit ist für Rorty deshalb die Erkenntnis, die Einsicht in die Kontingenz. Es könnte auch anders sein. Was indes ist, wie es ist: Rorty wird fehlen!

Kondolenz

Von michael buchheit, 80336

13.06.2007 um 15:31 Uhr
Vielen Dank für Ihre Arbeiten, für mich waren und sind sie "electrifying". "Kontingenz, Ironie und Solidarität" ist nicht nur ein wesentlicher Teil meiner Autopoesis geworden, sondern eine stete Quelle des Glücks und der Motivation philosophisch zu denken, zu leben.

Von trauer.de Redaktion (cs), Dachau

11.06.2007 um 20:44 Uhr von Merkur und
Gleichwohl galt der gebürtige New Yorker als einer der wichtigsten, witzigsten und einflussreichsten zeitgenössischen Denker. Die Universität nannte ihn auf ihrer Internetseite einen vorbildlichen Bürger: "Er hatte sowohl als Hochschullehrer wie als Autor eine unglaublich fesselnde Präsenz." Zu Rortys wichtigsten Arbeiten gehörte das 1979 erschienene Buch "Der Spiegel der Natur", eine Generalabrechnung mit der gesamten Erkenntnisphilosophie. Die weit verbreitete Meinung, dass die Philosophie vor allem herausfinden müsse, was der Mensch wissen und nicht wissen kann, sei Unsinn, befand der Autor. Die Menschen sollten sich lieber darauf konzentrieren, wie sie mit dem täglichen Leben zurecht kommen und nicht darauf, was sie durch Theoretisieren herausfinden. Die Philosophie sei kein "Spiegel" der Naturwissenschaften. Auch das brillant geschriebene Buch "Kontingenz, Ironie und Solidarität" (1989) sorgte für Aufsehen. Rorty geht darin der Frage nach, wie sich die Selbstbestimmtheit des Einzelnen in einer auf Gerechtigkeit ausgerichteten Gesellschaft umsetzen lässt. "Ich glaube", sagte der Autor in einem Zeitungsinterview, "dass traurige Geschichten über konkretes Leiden gewöhnlich der bessere Weg sind, damit Leute ihr Verhalten ändern, als universale Regeln zu zitieren." Mit diesem Ansatz avancierte Rorty zum führenden Vertreter des amerikanischen Neopragmatismus. Immer wieder sorgte er durch selbstironische und provokante Texte für Diskussionen. In der Fachwelt galt er gemeinsam mit Jacques Derrida und Jürgen Habermas als wichtiger Vordenker. Gleichwohl hatte er Kritiker von rechts wie von links. Viele warfen ihm vor, nur der Wohlstandsgesellschaft à la Amerika zu huldigen und keine neuen Visionen für die Gesellschaft der Zukunft zu wagen. Allerdings überraschte der Anti-Philosoph seine Kritiker, als er sich in den vergangenen Jahren zunehmend auch in die Politik einschaltete. So rief er 1997 die Hochschulen in einem Essay dazu auf, zu einer linken Politik zurückzukehren, "die sich im wesentlichen darum kümmert, die Reichen daran zu hindern, die übrige Bevölkerung auszunehmen." Zuletzt verurteilte Rorty scharf den US- Einmarsch im Irak und forderte Europa auf, die Rolle eines "Weltpolizisten" zu übernehmen. Die USA seien moralisch nicht in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen Am 4. Oktober 1931 als Sohn einer Journalistenfamilie in New York geboren, hatte Rorty schon früh den Weg in die Wissenschaft eingeschlagen. Bereits mit 15 studierte er an die Universität von Chicago, seine Promotion legte er an der renommierten Yale- Universität ab. Nachdem er zunächst an der Eliteuniversität Princeton einen Lehrstuhl für Philosophie angenommen hatte, akzeptierte er seit 1982 konsequent nur noch Lehrstühle für Philologie oder vergleichende Literaturwissenschaft. 1998 emeritierte er, behielt aber Lehraufträge an seiner "Hausuniversität" Stanford im kalifornischen Palo Alto. Dort starb er nach Angaben seiner Familie an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Rorty hinterlässt eine Frau und drei erwachsene Kinder. Text/Foto: dpa