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Über den Trauerfall (1)
Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Elisabeth Schwarzkopf, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.
Von trauer.de Redaktion (cs), Dachau
09.08.2006 um 08:53 Uhr von Merkur undElisabeth Schwarzkopf war vielleicht die letzte große Operndiva, eine Jahrhundertsängerin. Dabei aber keine "Wildkatze" wie Maria Callas, mit der sie sich den Rang der größten Sängerin ihrer Epoche teilte, sondern eine vom Intellekt geprägte Künstlerin. Sie war streng, besonders mit ihren Schülern, aber vor allem die eigene Leistung unterzog sie gnadenloser Selbstkritik. Noch vor wenigen Jahren bei den Salzburger Festspielen fürchteten auch junge Rollennachfolgerinnen die strengen Blicke und die Kritik der Sopranistin.
Was macht eine große Sängerin aus? "Das Größte war ihre Mozartgestaltung. Da war sie fast unschlagbar", sagte Musikkritiker Joachim Kaiser. "Die viel gerühmten Hugo-Wolf-Vertonungen fand ich dagegen zu manieristisch." Kein Einzelfall unter den kontroversen Beurteilungen der Sängerin; der Theaterwissenschaftler Jens Malte Fischer schrieb: "Mehr Kunst als Natur - wer den sängerischen Naturlaut bei Elisabeth Schwarzkopf sucht, der wird ihn schwerlich finden."
Doch ist das Ringen um Ausdruck ein Fehler? "Sie hat mit den Wortnuancierungen eines subtilen Schauspielers und den feinen Farben eines großen Malers gesungen", schrieb Musikkritiker Jürgen Kesting. Ihre Fähigkeit, die Stimme zu färben und feinste Details des Textes zu beleuchten, mache die Sängerin zur "faszinierendsten aller Wolf-Interpretinnen". Sie sei eine bedeutende, "wenn nicht die bedeutendste Liedersängerin", sagte Kesting. "Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie ohne jede Frage die wirkungsmächtigste deutsche Sängerin". Einwände wegen des manierierten Singens habe es nicht ohne Grund gegeben, aber immer sei das Musizieren der Sängerin spannend gewesen.
Die Präsidentin der Salzburger Festspiele, Helga Rabl-Stader, zählte Schwarzkopf "zu den bedeutendsten Interpretinnen des 20. Jahrhunderts". Denn noch heute, im Mozart-Super-Jahr, wünscht sich vermutlich mancher Besucher nicht zuletzt der diesjährigen Salzburger Premierenoper "Le nozze di Figaro" ähnlich subtile und makellos schöne Interpretationen wie es die der Schwarzkopf waren. Und auf Platte heute noch sind: In Rollen wie Mozarts Gräfin, Elvira und Fiordiligi, Strauss' "Capriccio"-Gräfin und Marschallin sowie als Alice in Verdis "Falstaff" setzte die Sängerin Maßstäbe.
So war ihr denn auch im Juni für ihr Lebenswerk ein Echo Klassik der Deutschen Phono-Akademie zuerkannt worden. Den Preis hätte sie am 22. Oktober in München entgegennehmen sollen.
Die Karriere der Schwarzkopf verbindet sich vor allem mit einem Namen - dem des Plattenproduzenten Walter Legge, seit 1953 auch ihr Ehemann. Es war 1946 in Wien, als Legge mit der Sopranistin ein Hugo-Wolf-Lied erarbeitete. Eineinhalb Stunden lang feilte er hartnäckig, bis Herbert von Karajan mahnte: "Kreuzige das Mädchen nicht." Doch die Sängerin mit dem "unerbittlichen Perfektionismus" (Legge) bestand den Test.
Geboren wurde die Sängerin 1915 in Jarotschin bei Posen. In Berlin studierte sie bei Maria Ivogün. Schon 1946 bezeichnete Karajan sie als "vielleicht die beste Sängerin Europas". Ihre Stimme war einzigartig: Neben unbändigem Ausdruckswillen besaß sie ein sofort wiedererkennbares Timbre und sang mit weich geflutetem Ton. In Duetten mit Sängerinnen wie Irmgard Seefried oder Elisabeth Grümmer "ergeben sich Klangmischungen, die zum Schönsten gehören, was man klanglich von Frauenstimmen überhaupt hören kann", schrieb Kesting. Und auch in einer Reihe von Operettenaufnahmen der 50er Jahre mit dem schwedischen Tenor Nicolai Gedda ist sie ohne Konkurrenz.
Doch auf die Karriere fiel später ein Schatten: Der Engländer Alan Jefferson veröffentlichte Mitte der 90er Jahre eine Biografie über die Diva, seit 1992 "Dame of the British Empire", und erhob Nazi-Vorwürfe. Behauptungen britischer Zeitungen, sie sei ein begeistertes Parteimitglied gewesen, wies sie jedoch zurück. "Nur das, was für das Singen Bedeutung hatte, habe ich getan", sagte sie in einem filmischen Selbstporträt.
Seit den 80er Jahren trat die Schwarzkopf als Gesangspädagogin hervor und nach Angaben ihres Testamentsvollstreckers Guntram Lins blieb sie es bis zuletzt. "Sie hat fast bis zum letzten Tag unterrichtet", sagte er. Die erfahrene Sängerin hatte ihre Schüler stets gemahnt, die Zeit zu nutzen: "Man muss in diesen Jahren enorm viel lernen. Ich habe viel gelernt, aber leider, wie ich jetzt weiß, niemals genug". Zu den Schülern zählen die Bariton-Stars Thomas Hampson und Matthias Goerne. Keine schlechte Bestätigung. (dpa)